Selbstprotrait

Carl Vaillant

Maler (+ 1993 Bad Nauheim)


In memorian

Ausstellung des malerischen Werkes
im Städtischen Museum Gelsenkirchen
und in der Kommunalen Galerie Hans-Sachs-Haus
- Kunstverein und Stadt Gelsenkirchen -

Die Wiederbegegnung mit der Stadt, in der er aufgewachsen ist, geschah nach einem Zeitraum von mehr als vier Jahrzehnten anlässlich einer Ausstellung des Kunstvereins Anfang 1993 im Museum. "Torsi" hieß die Schau mit Bildern und Zeichnungen von Carl Vaillant, die wichtige Stationen seiner künstlerischen Entwicklung widerspiegeln. Die längst fällige Ausstellung, die erneut die Fäden zu der lange zurückliegenden Präsentation des Jahres 1950 im damaligen Heimatmuseum knüpfen sollte, konnte von dem Künstler aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr besucht werden. Vaillants Frau Fee, eine gebürtige Gelsenkirchenerin, übernahm die Einführung in das Werk ihres Mannes, der zu den Zeitzeugen einer stürmischen Entwicklung zwischen den 20er Jahren und der Gegenwart zählt. Noch im gleichen Jahr, am 11. Oktober 1993, starb Carl Vaillant in Bad Nauheim, dem Refugium der späten Jahre. So wurde die bereits vorher verabredete Darstellung seines malerischen Werkes zu einer posthumen Würdigung seines vielfältigen Schaffens.

Die Ausstellung, die gemeinsam mit "Torsi" als Retrospektive gewertet werden kann, übernahm unter Mitwirkung des Kunstvereins Gelsenkirchen die Kommunale Galerie im Hans-Sachs-Haus.

Neben seinem zeichnerischen Talent war Carl Vaillant ein virtuoser Maler, der den großen Bogen schlug - zurückgreifend auf historische Vorbilder und eingehend auf die großen Stilentwürfe seiner Zeit. Daher vermittelt sein Schaffen heute die Begegnung mit einem Künstler, der in erheblichem Maße Zeitzeuge ist. Schon sehr bald nach seiem Studium an der Folkwangschule Essen ereilte ihn 1935 ein Malverbot der Nazis. Vaillants Professor Max Burchartz trug ihm die Leitung seines Grafik- und Design-Studios an und hielt ihm damit den Rücken frei für eine Fortführung seiner künstlerischen Ideen, die sich in der Folgezeit zwischen Neuer Sachlichkeit, Surrealismus und einer Annäherung an den Konstruktivismus bewegten. Immerhin stand sein Lehrer Max Burchartz den gestalterischen Erkenntnissen des Bauhauses nahe, wo Vaillant bereits in den Jahren 1928/29 hospitiert hatte.

Nach Kriegsdienst und Gefangenschaft fand sich Vailant Ende der 40er Jahre einer neuen Kunstszene gegenüber, in der sich gerade die Hinwendung zur Abstraktion vollzogen hatte. Vaillant experimentierte mit freien Formen und einer symbolischen Zeichensprache, aber auch mit einem eigenwilligen Geometrismus, den er seiner eigenen Gefühlswelt anzupassen vermochte. Selbst in den konstruktiv geprägten Bildplänen bleibt die Struktur der Farbe erkennbar, desgleichen die individuelle Pinselführung. Vaillant, der sich schon früh mit dem Bühnenbild und den Gesetzen des modernen Designs beschäftigt hatte, hielt sich den Rückgriff auf die Vielfalt der künstlerischen Disziplinen immer offen. Wie sein ehemaliger Studienkollege an der Folkwangschule, Prof. Anton Stankowski, plädierte er für die Gleichwertigkeit von freier und angewandter Kunst. So war er in den ersten Nachkriegsjahren Chefdesigner des British Council in Bünde, um später einen neuen Lebensabschnitt als Dozent für Kunst und Werkunterricht an verschiedenen Jugendbildungsstätten in Nordrhein-Westfalen zu beginnen.

Dem folgte eine Tätigkeit als Kunsterzieher in Frankfurt, bis er sich mit 68 Jahren als freier Künstler niederließ. Seinen Altersruhesitz fand er im hessischen Bad Nauheim, einer Stadt, die ihn stets gefördert hat und sein Andenken in bemerkenswerter Weise pflegt.

Zur Ausstellung in Gelsenkirchen erschienen ist ein Satz mit 9 Holzschnitten (schwarz-weiß) zur Thematik der Kriegsbewältigung, die ihn lange beschäftigte und ihren Ausdruck in allgemein menschlichen bzw. religiösen Darstellungen fand. Außerdem erschien ein Katalog mit einem ausführlichen Begleittext von Klaus Flemming. Die Einführung in das Werk des Künstlers übernahm Stadtgalerist Reinhard Hellrung.

(Nachruf von Anneliese Knorr, MITTEILUNGEN III/1994)