Bernard Pawel
Woschek

Luboszyce/Polen 1952 - 1994

seit 1959 in der Bundesrepublik,
ab Anfang der 70er Jahre in Gelsenkirchen

Maler, Zeichner, Filme- und Objektemacher

zuletzt wohnhaft in Alfter bei Bonn

Filmclip "Jeder Mensch ist ein Tisch,
nur ich bin ein Stuhl", 1983



Ausbildung

1969-71 Ausbildung in der Verwaltung und
Tätigkeit als Verlagszeichner
1971-75 Studium Visuelle Kommunikation in Düsseldorf
1975-77 Psychologiestudium mit Promotion

Lehre

nach 1976 VHS-Dozent in Bonn
1984-88 Dozent an der Universität Duisburg im Fach Kunst

Preise/Auszeichnungen

1971 Förderpreis der Stadt Gelsenkirchen
1983 "Märkisches Stipendium"

Teilnahme/Mitgliedschaften

1976 Mitbegründer der Ateliergemeinschaft "werkstatt"
in Gelsenkirchen
Mitglied im Deutschen Künstlerbund

Ausstellungen

große Ausstellungen in Washington, Köln,
Düsseldorf, Duisburg, Nürnberg u.a.
(in Gelsenkirchen 1988, 1995)

Publikationen / Cartoons

Wissenschaftliche Veröffentlichungen u.a. zur Psychologie der Karikatur
Zahlreiche freie Filmproduktionen in den 80er Jahren; u.a.
"Oh Haupt voll Blut und Wunden", "Zur Schönheit",
"Der Vordergrund im Hintergrund", ......
Hunderte von politischen Cartoons ( Zeichentrickfilmen )
in Polit- und Wirtschaftsmagazinen der ARD, u. a. einige Jahre lang
wöchentlich in "Bericht aus Bonn".

Nachruf

Die Fülle der Gaben: Zum Tode von Berni Woschek

"Berni Woschek ist am 25.12.94 gestorben", stand in der Benachrichtigung von seinem Ableben am 1. Weihnachtsfeiertag. In der nüchternen Bekanntmachung auf der Rückseite einer Zeichnung war nicht von dem namhaften Maler, Zeichner und Objektmacher die Rede, auch nicht von dem bundesweit bekannten Cartoonisten und Trickfilmproduzenten oder von dem promovierten Kunstwissenschaftler, der in Düsseldorf und Bonn studiert hatte. Dem Dr. Bernard P. Woschek ging es nicht um Titel und öffentliche Anerkennung, die seinem Verständnis von sozialer Einordnung widersprachen. Lobendes akzeptierte er allenfalls, wenn es seinen Bemühungen um die Bildende Kunst galt.

War diese Bescheidenheit der Hochmut des Auserwählten, den die Fülle der Gaben zu einer Ausnahmepersönlichkeit machte? Sicher nicht, die Arroganz des Könners war ihm fremd. Er verstand seine Begabung als Vorauszahlung auf eine reiche künstlerische Ernte und das Einlösen einer Verantwortung, die ihm auferlegt war. Viel Zeit ist ihm bis zu seinem Tod mit 42 Jahren nicht geblieben. Die Bilder und Ideen, die ihn bedräng-ten, machten ihn unruhig. Er lebte in einem Dauerstress, der ihm jedoch offensichtlich höchste Erfüllung bot.

Das innere Auftanken fand er im Kreise seiner Familie, bei seiner Frau Beate und seinen Kindern Jenni und Roman. Das Salz seines künstlerischen Werdegangs dürfte die genüssliche Pflege seiner ironisch-satirischen Ader gewesen sein, aus deren Blickwinkel er die Geschehnisse in Natur und Kosmos oder in Gesellschaft und Politik beobachtete. Selbst in frühen Zeiten, als Bilder und Zeichnungen von hohem poetischen Reiz entstanden, schwangen die verbalen Kommentare eines liebenswerten Spötters mit. Die literarische Anmerkung bekam den gleichen Stellenwert wie die bildliche Darstellung. Seine Begabung für persiflierende Zustandsbeschreibungen wurde immer offensichtlicher. Die Karikatur zusammen mit dem gesprochenen Wort vereinte sich zu einem Fernsehhit, auf den die Woschek-Anhänger von Woche zu Woche ungeduldig warteten.

Woscheks Beurteilung der politischen Lage geschah aus der Sicht des kritischen Bürgers, der seinen Frust gern einmal von berufener Künstlerhand verwirklicht sieht. Dabei war sein Spott nie verletzend. Die Menschen liebten ihn dafür, offenbar auch seine Auftraggeber. Als Berni Woschek zu Grabe getragen wurde, folgte seinem Sarg viel Prominenz. WDR-Intendant Friedrich Nowottny war gekommen, E.-D. Lueg ("Bericht aus Bonn") sowie Ludger Volmer, für dessen Partei Berni Woschek eine völlig aus dem Rahmen des Üblichen fallende Wahlwerbung gemacht hatte.

Woscheks Engagement für Mensch und Tier, für das Überleben auf unserem Planeten fand auch im Titel zu einer großen Einzelausstellung ihren Ausdruck, die ihm der Kunstverein 1988 im Städtischen Museum ausrichtete. "Kulturelle Beziehungen zur Natur" hieß das Motto der umfassenden Schau mit Zeichnungen, Gemälden und Objekten. Mit aktuellen neuen Installationen vertreten war Berni Woschek in der Ausstellung "Ereignisse", die im Sommer 1993 aus Anlass des 75. Geburtstages von Anneliese Knorr und zum Abschied für den scheidenden Museumsleiter Dr. Reinhold Lange stattfand. Damals ließ Berni Woschek, als Laudatio gedacht, eine lange Jahre dauernde Freundschaft Revue passieren.

Im Gegenzug schrieb Anneliese Knorr unter dem Titel "Spötter mit Durchblick und Wahrheiten-Sager":

"Als unsere Schreibtische noch im Hans-Sachs-Haus standen - meiner im Presseamt und Berni Woscheks in verschiedenen Ämtern, die um seine Ausbildung zum Kommunalbeamten bemüht waren -, gestaltete sich die Kommunikation verhältnismäßig einfach. Wo sich eine Gelegenheit ergab, diskutierten wir über die zeitgenössische Kunst. Schon damals stand Bernis Entschluss, dem sicheren Behördendasein zu entsagen, fest. Das erschien konsequent angesichts der Fülle kreativer Ideen, die auf Verwirklichung warteten."

Ebenso folgerichtig angegangen wurde das zweite Leben mit der Kunst, dem er ein Kunst- und Psychologiestudium vorschaltete.

Während der Studienjahre in Düsseldorf und Bonn begann sich der ganze Umfang seiner Talente als Zeichner, Maler, Objektmacher, Autor und Trickfilmer abzuzeichnen - eine Entwicklung, die ihm bis heute alle Möglichkeiten offen hält. Schon in den 70er Jahren zeigte sich seine Vorliebe für den genau treffenden Witz und den intellektuellen Gag, der seine Fernsehcartoons, in Zusammenarbeit mit Stefan Wald, zu Bestsellern macht. Dabei ist Woschek kein Zyniker, der Rundumschläge austeilt. Sein Humor trifft zwar gnadenlos ins Schwarze, aber er verletzt nicht. Das von ihm entworfene Bild der Regierenden suggeriert in der Regel naiv-dumpfes Mittelmaß, verleitet aber nicht selten auch zu verständnisvollem Mitleiden.

Sein kritisches Verhältnis zu Natur und Umwelt bzw. die zwiespältige Rolle des Menschen zu seiner Erdkugel spiegelt eine Ausstellung, die er 1988 für den Kunstverein inszenierte. "Kulturelle Beziehungen zur Natur" hieß die Schau im Museum, in der nicht nur die Bandbreite zwischen Zeichnung, Tafelbild und Objekt sichtbar wurde, sondern auch die Leichtigkeit, mit der er die Absurditäten auf unserem Planten und die Auswüchse menschlicher Dummheit durcheinander wirbelte. Wie gesagt .... ein liebenswerter Spötter mit Durchblick.

(Anneliese Knorr, 1998)